stadt.park.haus
Die Platte auf dem Parkhaus und wie es zur mehrgenerationellen Quartiersmitte wird
Bachelorarbeit von Aline Mory
Im Zuge der Beruhigung der Stuttgarter B14 bekommt auch das Parkhaus Züblin aus den 1960er-Jahren ein neues Gesicht. Momentan bietet es 600 Parkplätze auf unterschiedlich ansteigenden Ebenen an, wird aber zu einer mehrgenerationellen Quartiersmitte namens stadt.park.haus umgestaltet, die verschiedene Nutzungen vereint und das Bohnenviertel mit dem Leonhardsviertel verbindet.
Um Begegnungen im Freien zu fördern, werden dem Parkhaus zunächst die unteren zwei Ebenen entnommen, was ein weitgehend freies Erdgeschoss ermöglicht und dieses somit, trotz Erhalt des Kulturkiosks und des neuen Quartiersbads, zum Teil des Stadtraums macht, der vom höher gelegenen Bopser unter dem Parkhaus hindurch in die Innenstadt fließt. Der neu angelegte Leonhardssee, der das Wasser des Quartiersbads trotz thermischer Trennung von innen nach außen zieht, schafft einen unmittelbaren Bezug zu den umliegenden Seen.
Durch die Aufstockung ergeben sich zudem zwei weitere Freiflächen, wobei sich der Stadtplatz auf dem Bestandsdach des Parkhauses befindet und mit teils überdachten Raumhöhen von vier bis sieben Metern spannende Aufenthalte ermöglicht. Er lädt den Besucher dazu ein, die Stadt von oben zu beobachten und in geschützter Form an temporären Veranstaltungen teilzunehmen. Zusätzlich wird er direkt von der Quartierskita und -küche bespielt. Der Stadtgarten auf dem Neubau bildet einen starken, aber wichtigen Kontrast zum hektischen Stadtleben. Durch geschosshohe Wände und seine labyrinthartige Form lädt er, mit Blick zum Himmel, dazu ein, innezuhalten.
Von den drei ursprünglichen Erschließungstürmen des Parkhauses bleibt nur der mittlere im stadt.park.haus bestehen. Er bildet den öffentlichsten Weg im Gebäude und verbindet nicht nur die drei Freiflächen miteinander, sondern auch mit der Quartiersküche, -kita und -bibliothek, die sich im aufgestockten Neubau befindet. Die insgesamt 19 Wohnungen werden durch vier runde Erschließungstürme erschlossen, die zusätzliches Licht in die Wohnungen bringen und neben der horizontalen Nachbarschaft im Süden, eine vertikale Nachbarschaft und Zugang zum Stadtraum und -platz bieten.
Wie bei einer Kulturklammer werden die privaten Wohnräume von öffentlichen Nutzungen umklammert, die das Leben der Bewohner:innen, aber auch die gesamte Stadt bereichern. Die Gemeinschaft wird in unterschiedlichen Graden gefördert; sei es durch die Quartierskita, welche die tägliche Betreuung von Jung und Alt anbietet und das symbiotische Lernen voneinander ermöglicht, oder die Quartiersküche, die die Haushalte entlastet, indem entweder gemeinsam oder füreinander gekocht oder die lokale Bewirtung durch abwechselndes Catering unterstützt wird. Das Quartiersbad dient mit seiner Sauna und mehreren Baderäumen für private bzw. medizinische Bäder vor allem der beweglichen Gesundheit der Bewohner:innen, während die Bibliothek die private Weiterbildung, aber gleichzeitig auch gemeinsame Vorleseabende fördert. Die 34 Meter langen Wohnungen stecken sich durch die schrägen Ebenen des Parkhauses hindurch und während sie immer dem gleichen Prinzip folgen, sind sie durch ihre innere Erschließung doch alle unterschiedlich. Somit gibt es für 58+ Bewohner:innen sechs völlig barrierefreie Wohnungen und während es sich immer um 2- bis 4-Zimmer-Wohnungen handelt, gibt es auch eine 8-Zimmer-Wohnung, die das Zusammenleben von Familien, Studierenden und Senior:innen fördert. Weitere Lichthöfe trennen innerhalb der Wohnungen den Essbereich vom Wohnbereich und ermöglichen somit gleichzeitig wertvolle Durchblicke im gesamten Gebäude. Um den öffentlichen Erschließungskern sind in den Wohngeschossen Waschcafés angeordnet, die im Norden insgesamt nochmals zwölf zumietbare Gästezimmer anbieten.
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Grazyna Adamczyk-Arns, Projektleiterin bei der IBA’27 für die Neue Mitte Leonhardsvorstadt: »Was für ein ausdrucksstarkes Haus! Es zeigt, wie solche Stadtbausteine wichtige Aufgaben für ein Quartier – und darüber hinaus – übernehmen können. Es ist nicht nur die anspruchsvolle Nutzungsmischung mit Wohnen, vielfältigen Einrichtungen für die Gemeinschaft und Freiraum für die Nachbarschaft, die die Leonhardsvorstadt um eine neue Qualität bereichern würden. Das architektonisch elegant umgesetzte Konzept des Weiterbauens zeugt von einem verantwortungsvollen Umgang mit dem Bestand, auch in Hinblick auf Klimawandel und Materialknappheit. So kann ein Ort, der heute von Vielen als Wunde empfunden wird, eine neue Bedeutung bekommen.«
Studierende
Aline Mory
Betreuende
Prof. Myriam Gautschi
Hon. Prof. Much Untertrifaller