Alles im gemischten Bereich (Uhingen)

Im Rahmen eines Entwurf-Studios an der TU Graz haben Studierende in Zusammenarbeit mit der IBA’27 und der Stadt Uhingen die Quartiersentwicklung auf dem Gelände einer ehemaligen Spinnweberei vertieft.

Entwurf Gloria Erhard und Anna-Lena Ritt

Durch den Abriss einer ehemaligen Spinnweberei entsteht ein neues, gemischtes Quartier auf einem zentral gelegenen Grundstück in der Stadt Uhingen. Das Gebiet ist nach Norden durch Bahngleisen begrenzt und nach Süden durch eine viel befahrene Hauptstraße. Nach Osten schließt das Quartier an ein gemischtes Gewerbegebiet an und nach Süden an ein Wohngebiet, welches über einen Fluss zum alten Stadtkern führt. Nach Westen gelangt man auf kurzem Weg zum Bahnhof.

Das geplante Grundstück liegt an der Hauptstraße und schließt ansonsten an andere Neubauten an. Der Entwurf sieht eine Mischung aus Produktion und Wohnen in Holzhybridbauweise vor, welche durch eine vertikale Gliederung erreicht wird. Einschnitte in den Baukörper im Bereich des Erdgeschosses lockern das Volumen auf und schaffen eine Verbindung zum Innenhof. Durch die unterschiedlich tiefen Baukörper entsteht eine Verbindungszone im ersten Obergeschoss, welche als »aktives Band« zur Erschließung und als gemeinschaftlicher Freiraum genutzt wird. Die einzelnen Baukörper werden durch Brücken dabei verbunden und ergeben eine Vernetzung der Wohnungen im Obergeschoss.

Im Erdgeschoss werden lärmarme Produktionen angesiedelt, welche das traditionelle Handwerk mit neuen Innovationen verbinden. Das Herzstück ist das FABLAB, eine gemeinschaftliche Werkstatt für die Bewohner in der man selbst oder unter Anleitung werken kann. Ein großzügiger Werkraum ermöglicht auch Workshops und Veranstaltungen um den Bezug zum Handwerk weitervermitteln zu können.

Das Angebot an zukunftsfähigen Wohnformen schafft eine funktionale Verzahnung zwischen Wohnen, Arbeiten und Produktion. Im Gebäude werden drei verschiedene Wohnformen angeboten mit unterschiedlichen Zielgruppen um eine Durchmischung zu fördern: Clusterwohnen, Mikrowohnen und Maisonette. Die Maisonette Apartments, in Modulbauweise, ermöglichen eine freie Nutzungskombination. So kann ein Apartment als Arbeitsstätte genutzt werden, Wohnen und Arbeiten als Mischung existieren oder auch einer Familie als Wohnung dienen. Gemeinschaftlich genutzte Räume, wie beispielsweise ein Homeoffice und ein Eventraum sollen das miteinander der Hausgemeinschaft fördern und Begegnungsräume schaffen.

Die Gliederung zwischen Produktion und Wohnen wird auch in der Fassade ausgedrückt. Eine Polycarbonatfassade mit großzügigen Glasflächen schafft einen hellen, gleichmäßig belichteten Produktionsraum. Das filigrane Tragwerk bleibt durch die transluzente Fassade von Außen sichtbar. Im Bereich der Wohnungen wird mit einer Holzlamellenfassade die Holzkonstruktion auch in der Fassade ausgedrückt. Der Freiraum ist in drei Öffentlichkeitsniveaus abgestuft. Der öffentliche Raum im Erdgeschoss besteht aus der Produktion oder den Gemeinschaftsräumen vorgelagerten Grünbereichen und einer Begegnungszone im Zentrum mit einem Wasserbecken mit Sitzmauer als zentrales Element. Der halböffentliche Raum im ersten Obergeschoss, das »aktive Band«, besteht aus verschiedenen Begegnungszonen, sowie Bereichen für Urban Gardening. Im 2. Obergeschoss entsteht durch einen Steg ein privater Außenbereich, der zugleich auch als Sonnenschutz dient.

Zwischen Flexibilität und Klarheit

Die Konstruktion des Tragwerks wurde maßgeblich durch die Funktionen im Grundriss ermittelt. Im Erdgeschoss und Zwischengeschoss befindet sich die Produktion mit handwerklichen Betrieben. Hierfür gibt es für die Konstruktion die Bedingungen der Flexibilität im Grundriss, sowie weitgehende Stützenfreiheit. Dies kann durch die Skelettbauweise erreicht werden. Die Stellung der Stützen und Unterzüge wurden vor allem durch die oberen Geschosse vorgegeben und haben maximal eine Spannweite von 6 Metern. Die Geschosshöhe von 7,50 Metern ermöglicht auch die Freiheit ein Zwischengeschoss einzuziehen. Dafür wurden auf der Höhe von 4 Meter Träger eingezogen, um gleichzeitig auch gegen die Knickbarkeit der Stützen entgegen zu wirken. Gestalterisch werden die Stützen und Unterzüge sichtbar belassen und wurden hierfür aus Brandschutzgründen überdimensioniert. Die Treppenhauskerne werden, neben der Bodenplatte und dem Kellergeschoss, aus gestalterischen Grünen aus Ortbeton gefertigt.
Neben diesen Kernen werden auch weitere Aussteifungskreuze eingebracht, um den horizontalen Kräfte entgegen zu wirken. Aus Entwurfsgründen wurden unsere Maisonette Wohnungen in zwei Funktionen eingeteilt. Neben unserem Funktionsbereich, der die Treppe, Wc und Küche beinhaltet, gibt es noch den zweiten flexiblen Bereich. Der Vorteil hierbei ist, dass der Funktionsbereich in Modulbauweise ausgeführt werden kann . Somit wird das Modul inklusive Möblierung im Werk vorgefertigt und vor Ort in geringem Zeitaufwand montiert. Auch die Maße von 2 Metern auf 10 Meter entsprechender gängigen Modulbauweise ohne erhöhte Anforderungen an den Transport.

Der zweite flexible Bereich in einer Maisonette Wohnung wird in Scheibenbauweise durchgeführt. Dies bedeutet, dass die Module nur durch ein Deckenelement und einer Wandscheibe verbunden werden. Das Funktionsmodul wird aus Brettsperrholz gefertigt, um eine sichtbare Oberfläche zu erreichen, während alle weiteren nicht tragenden Innentrennwände aus Holztafelwänden vorgefertigt werden, um einen sichtbaren Kontrast zwischen tragend und nicht tragend zu erreichen.

Nicht nur die Maisonette Wohnungen werden in Modulbauweise ausgeführt, sondern auch das
Mikrowohnen, da hier die Wohnungen in exakt gleicher Ausführung aneinander gereiht werden.
Das Cluster wohnen wird genauso wie das Erdgeschoss in Skelettbauweise errichtet, um hier die flexiblen Grundrisse und Ausführungen beizubehalten. Nach der Montage des Tragwerks werden die vorgefertigten Fassadenelemente angebracht und ermöglichen eine gestalterisch gleiche Fassade. Die sichtbare Unterteilung zwischen Produktion und Wohnen, wurde auch in die Fassadengestaltung übertragen. Während das Erdgeschoss und Zwischengeschoss in einem industriellem Stil mit Polycarobant Elementen gehalten wird, wird die Fassade der Wohnungen mit Holzlamellen geschmückt. Große Tore in der Produktion verbinden den Außenbereich mit dem inneren Geschehen. Während bei den Wohnungen klare Fenstergrößen eingehalten werden. Die Flexibilität der Wohnungen werden in den Grundrissen widergespiegelt, die Fassade jedoch strahlt eine klare Einheitlichkeit aus.

Studierende

Gloria Erhard
Anna-Lena Ritt

Master Architektur
Entwerfen (Urban Hybrid)

Betreuende

Stephan Brugger

Prof. Tom Kaden

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Entwurf Gloria Erhard und Anna-Lena Ritt pdf (9 MB)
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